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Verbundenheit über den Tod hinaus:Das neue Bestattungsgesetz aus katholischer Sicht

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Datum:
6. Nov. 2025
Von:
Marco Weber

Gerade im November denken wir besonders an unsere Verstorbenen. Und wir denken auch daran, wie es sein wird, wenn wir von lieben Menschen Abschied nehmen müssen oder wenn wir selbst einmal sterben. Vor einigen Wochen ist in Rheinland-Pfalz ein neues Bestattungsgesetz in Kraft getreten. Dieses ermöglicht nun auch neue Formen der Bestattung, wie die anonyme Verstreuung der Asche, die Flussbestattung oder die Aufbewahrung der Urne bei sich zu Hause.

Was sagt die Kirche zu diesen Formen? Als Christen orientieren wir uns an Jesus Christus. Christsein heißt, in seiner Spur zu gehen. Von Beginn an haben die Christen dies auch im Hinblick auf den Tod getan: Der tote Leib wurde mit Ehrfurcht behandelt und als ganzer bestattet. Im Römischen Reich war damals die Feuerbestattung die übliche Form. Aber die Christen wollten auch im Tod ihrem Herrn ähnlich sein. Denn es ist etwas anderes, den Leichnam durch Verbrennung aktiv zu zerstören oder aber ihn dem natürlichen Prozess der Verwesung anheimzugeben. Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten die Verbrennung des Leichnams immer mehr durchgesetzt hat, gilt dies im Grunde bis heute: Die eigentliche christliche Form der Bestattung ist die Beisetzung des Leichnams in der Erde. Die Riten während einer katholischen Beerdigung machen deutlich, wie sehr der menschliche Leib über den Tod hinaus verehrt wird: Er wird als Bild für die verstorbene Person wie diese angeredet. Er wird mit Weihwasser besprengt zur Erinnerung an die Taufe. Er wird mit Weihrauch verehrt als Zeichen dafür, dass der Leib „Tempel des Heiligen Geistes“ war.

Der Verlust eines lieben Menschen tut immer weh. Die christlichen Rituale rund um das Abschiednehmen möchten uns begleiten und helfen, den Tod im Licht des Glaubens zu sehen: nicht nur als Abschied, sondern zugleich als Beginn eines neuen Lebens bei Gott. Das Leben und die Liebe Gottes sind stärker als die Dunkelheit des Todes. Durch die Feier der heiligen Messe, das gemeinsame Gebet und die gemeinsame Beerdigung verbinden wir uns mit dem Geheimnis von Tod und Auferstehung Jesu Christi.

Angesichts der Entwicklungen in unserem Bundesland hat das Bistum Trier eine Handreichung erarbeitet, in der folgende Kriterien für eine kirchliche Beerdigung angeführt werden:

  1. Einmaligkeit und Würde jedes Menschen kommen in besonderer Weise in seinem Namen zum Ausdruck. Dem Gedanken der einmaligen Würde eines jeden entspricht es daher nicht, wenn Verstorbene anonym, das heißt ohne namentliche Kennzeichnung der Grabstelle bestattet werden. Deshalb ist die Möglichkeit einer namentlichen Kennzeichnung des Grabes ein wesentliches Element einer christlichen Bestattungskultur.
  2. Die namentliche, öffentlich zugängliche Grabstätte ist ein wichtiger Ort für Trauer und Gedenken. Fehlt ein solcher Ort, dann kommt es immer wieder vor, dass das den Trauerprozess Hinterbliebener erschwert. Richtig ist, dass in dieser Hinsicht Hinterbliebene sehr unterschiedlich empfinden. Zu denken ist hier jedoch nicht nur an die engeren Angehörigen, die vielleicht in den Entscheidungsprozess für die Bestattungsform einbezogen waren, sondern auch an weitere Personen aus dem engeren oder weiteren Beziehungsnetz und Bekanntenkreis, für die eine vorhandene Grabstätte ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Trauer und christliches Totengedenken darstellen kann.
  3. Schließlich ist für eine christliche Bestattungs- und Totengedenkkultur bedeutsam, dass die Orte, an denen die Toten bestattet sind, im Gesichtskreis der Lebenden öffentlich sichtbar bleiben und nicht daraus verschwinden. Solche Orte sind in besonderer Weise die Friedhöfe. An diesen Orten können Trauernde einander begegnen; hier kann die Gemeinschaft von Lebenden und Verstorbenen gelebt und erfahren werden. Was in der Begräbnisfeier begangen wurde, findet so in gelebter Kultur seine Fortsetzung.

Diese Kriterien bilden die Grundlage dafür, dass die Bestattungsformen der Verstreuung an Land oder im Wasser und die Aufbewahrung der Asche im privaten Wohnraum sowie in Form von Erinnerungsgegenständen oder Schmuckstücken in der kirchlichen Bestattungskultur nicht vorgesehen und für Katholikinnen und Katholiken – so sagt es die Instruktion Ad resurgendum cum Christo der römischen Glaubenskongregation von 2016 – nicht gestattet sind. Dies betrifft alle eingangs genannten, für Rheinland-Pfalz vorgesehenen neuen Bestattungsformen. Denn die meisten dieser Formen sind ihrer Natur nach anonyme Bestattungsformen; bei der Verstreuung kommt hinzu, dass diese Bestattungsform weniger auf ein Bleiben der Totenasche an diesem Ort, sondern auf das Verschwinden, Vergehen und Verwehen angelegt ist, was den Ort der Beisetzung als Grabstätte relativiert, und bei der Flussbestattung gibt es sogar keinerlei Verbleib am Ort. Die private Aufbewahrung der Urne zu Hause ist nicht in demselben Sinne wie die anderen Formen anonym, führt jedoch ebenfalls nicht zu einem öffentlich zugänglichen Grab und Gedenkort. Wenn Beisetzungen im kleinen Kreis stattfinden, dann werden jene Menschen ausgeschlossen, die sich vielleicht auch gerne von einem Verstorbenen verabschieden würden. Nicht zuletzt gilt es, die Friedhöfe in unseren Dörfern zu erhalten. Sie sind geweihte Orte, sie sind Orte der Besinnung und Begegnung, des Glaubens und der Hoffnung.

Vor diesem Hintergrund sollen in unserer Pfarrei auch weiterhin jene Möglichkeiten bestehen bleiben, die wir bisher praktiziert haben:

  1. Sterbeamt in der Kirche, verbunden mit der Beerdigung/Beisetzung auf dem Friedhof
  2. Trauerfeier auf dem Friedhof mit Beerdigung/Beisetzung

Am Vorabend der Beerdigung kann das Totengebet stattfinden. Das gemeinsame Gebet für unsere Verstorbenen ist und bleibt ein wichtiger Ausdruck unserer christlichen Solidarität.

Sollte eine der neuen Bestattungsformen gewählt werden, besteht trotzdem die Möglichkeit, dass ein Sterbeamt oder eine Trauerfeier mit Verabschiedung des Leichnams oder der Urne stattfindet. Dazu sind wir als Seelsorger selbstverständlich bereit. Eine Verstreuung der Asche, Flussbestattungen, anonyme Beisetzungen oder Beisetzungen außerhalb von Friedhöfen werden dann jedoch lediglich durch den Bestatter begleitet.

Die christliche Trauerkultur, die uns seit Jahrhunderten überliefert ist, möchte uns deutlich machen: Am Ende unseres Lebens steht nicht das Nichts. Unser Leben versinkt nicht in der Bedeutungslosigkeit der Geschichte. Sondern am Ende steht der letzte Sinn, das letzte große Ziel: Die Vollendung in der Herrlichkeit Gottes – in seiner Liebe und Geborgenheit. Wir sind nicht Verlorene in dieser Welt mit ihren manchmal unklaren und ungeraden Wegen, „Zigeuner am Rande des Weltalls“, wie es der Biologe Jacques Monod einmal ausgedrückt hat. Sondern wir sind gewollt, wir sind angenommen, wir sind geliebt – und das nicht nur in dieser Welt, sondern auch in der Ewigkeit.

Pfarrer Marco Weber